Risikomanagement ist nicht gleich Risikomanagement. Aus unzähligen Gesprächen mit österreichischen Unternehmen weiß Risikomanagement-Experte Christoph Krischanitz, dass sehr viel Unterschiedliches unter dem Begriff „Risikomanagement“ subsumiert wird. Er selbst ordnet diese unterschiedlichen Sichtweisen in fünf Dimensionen ein.
„Die erste und verbreiteteste Dimension Insurance betrifft die Versicherungen“, erklärt Christoph Krischanitz, Geschäftsführer der auf mathematische Dienstleistungen spezialisierten Beratungsgesellschaft artihmetica mit Sitz in Wien. Versicherungsgesellschaften haben eine Vielzahl an Produkten auf den Markt gebracht, die die Wirtschaft vor bösen Überraschungen bewahren soll. Die Palette reicht von Elementar-Risiken wie Feuer, Wasser und Sturm, über Maschinenbruch und Einbruch bis hin zur Betriebsunterbrechung – nicht zu vergessen Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen. Die Verwaltung der abgeschlossenen Versicherungsverträge und die Abwicklung der Schäden ist meist als eigene Abteilung organisiert, die oft den Titel „Risikomanagement“ trägt. „Versicherungen sind natürlich ein wesentlicher Grundbaustein eines guten Risikomanagements, aber ohne Begleitmaßnahmen nicht ausreichend“, so Krischanitz.
„Die zweite Dimension nennt sich Security und betrachtet den Sicherheitsaspekt des Unternehmens“, fährt er fort. Dazu zählen Sicherheitsvorkehrungen wie Arbeitsplatzsicherung, betriebliches Gesundheitsmanagement, aber auch IT-Security. „Regelmäßiges Training und Schulungen – etwa im Umgang mit gefährlichen Stoffen, aber auch mit komplexen Maschinen oder Fahrzeugen – gehören zum Alltag vieler Industrieunternehmen, ebenso wie Unfallverhütungs-Programme“, erläutert der Mathematiker.
Risikokultur in Österreich noch unterentwickelt
„Die dritte Dimension, Organisation, Processes & Systems, ist bei vielen Unternehmen noch nicht befriedigend implementiert“, erklärt Krischanitz. Hier geht es um die „klassische“ Entwicklung eines Risikomanagement-Prozesses, mit einem oder mehreren Risikomanagern, mit regelmäßiger Risiko-Identifikation, Risikomessung und -steuerung und mit anschließendem Risiko-Reporting – am besten gestützt durch eine spezialisierte Software. „Diese Form des Risikomanagements wird von vielen als das Ende der Fahnenstange gesehen, dabei geht es hier nur um Formalismen, aber noch nicht um Leben“, merkt Krischanitz an.
„Erst die vierte und fünfte Dimension machen Risikomanagement zu einem Erfolgsfaktor. Die vierte Dimension nennen wir Culture.“ Damit spricht der Experte eine risikoorientierte Unternehmenskultur an. „Es geht vor allem um eine offene und ehrliche Kommunikation untereinander, um das Vertrauen, eigene Fehler ungestraft ansprechen zu dürfen und daraus Prozessoptimierungen abzuleiten und so das Unternehmen in führende Marktpositionen zu bringen“ bringt Krischanitz auf den Punkt, was in vielen Organisationen heute noch nicht zum Unternehmensalltag zählt.
Durch Aufgeschlossenheit Milliarden sparen
Die Königsdimension in seinen Augen ist die fünfte Dimension und nennt sich Business. „Gemeint sind damit die Anbindung des Risikomanagements an die Unternehmensplanung und die Unternehmenssteuerung, das Einbeziehen von Risikoinformation sowohl in alltägliche als auch in außergewöhnliche Entscheidungssituationen, sowie die Bereitschaft, das Bauchgefühl zu hinterfragen und Risiken nicht zu ignorieren, sondern bewusst einzugehen – das steckt in Österreich noch in den Kinderschuhen“, ortet Krischanitz Handlungsbedarf und fordert die Unternehmen auf, in diesen Bereich mehr zu investieren. „Diese Investition bedeutet vor allem ein Mehraufwand an Vertrauen, Offenheit und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Steuerungsansätzen, hat aber auf der anderen Seite das Potenzial, Milliarden zu sparen. Das ist also durchaus ein gutes Geschäft“, resümiert der Aktuar optimistisch.
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