Revision ISO 9001: Qualitätsmanager zwischen allen Stühlen?

Die Revision der ISO 9001, deren Veröffentlichung für Ende 2015 geplant ist, bringt einige Veränderungen für Unternehmen mit sich. So entfällt beispielsweise das Kapitel zum Qualitätsmanagement-Beauftragten (QMB), den bisher die oberste Leitung bestimmt hat. Ist die Rolle des QMB damit in Zukunft überflüssig?

Der Revisionsprozess der ISO 9001 ist bald abgeschlossen. Im September dieses Jahres soll die englische Version erscheinen, die deutsche voraussichtlich Ende des Jahres. Gabriele Dudek, Leiterin des Referates „Akkreditierung und Konformitätsbewertung“ der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin berichtete, dass in der überarbeiteten Norm ein Qualitätsmanagement-Beauftragte oder Qualitätsmanager voraussichtlich nicht mehr explizit gefordert werden wird. Vielmehr wird auf die führende Rolle der obersten Leitung abgestellt. Diese hat dafür zu sorgen, dass Verantwortlichkeiten und Befugnisse zugewiesen sind und die für das Qualitätsmanagement-System erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stehen. Diese Formulierung lässt den Unternehmen die notwendigen Gestaltungsspielräume. Es gibt keine Anforderung an einen einzelnen Beauftragten der obersten Leitung mehr in der Norm.

Auch die ISO/IEC 17025, die die allgemeinen Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien formuliert, steht zur Zeit im Revisionsprozess und könnte schon im Sommer 2017 in Kraft treten. „Die ISO/IEC 17025 soll auch weiterhin den Grundprinzipien der ISO 9001 genügen“, erklärte Dudek. Dieses erklärte Ziel der Normenschreiber könnte dazu führen, dass auch in der überarbeiteten ISO/IEC 17025 der QMB als Funktion nicht mehr explizit gefordert wird. Welche Auswirkungen dies im Arbeitsleben haben könnte, wurde im Rahmen des Forum Qualitätsmanager/in Ende Juni in Potsdam sehr intensiv diskutiert.

QM muss trotzdem „einer“ machen

„Während einige Teilnehmer die Auffassung vertraten, dass die Arbeit des Qualitätsmanagement-Beauftragten auch nach der Normenrevision gemacht werden müsse und dass die oberste Leitung auf die Arbeit eines Qualitätsmanagement-Beauftragten angewiesen sei, sahen andere durchaus die Gefahr, dass so manche Leitung der Versuchung nachgeben könne, die Stelle des QMB zu streichen und die Aufgaben auf mehrere Mitarbeiter zu verteilen“, fasste Roman Klinkner, Geschäftsführer der Dr. Klinkner & Partner GmbH mit Sitz in Saarbrücken, einen Teil der Diskussion zusammen. Der Diplom-Chemiker moderierte das Forum und ist selbst QM-Experte.

Bis zur Revision der ISO/IEC 17025 wird sich nichts ändern

„Bei akkreditierten Laboren verlangt die ISOIEC 17025 momentan generell die Umsetzung und Überwachung des QM-Systems durch interne Audits veranlasst durch einen QMB. Das heißt, bis zum Inkrafttreten der neuen ISO/IEC 17025 sind keine Veränderungen zu erwarten“, meinte Wolfgang Weber von Institut für Produktqualität in Berlin. Der Geschäftsführer sieht einen zunehmenden Bedarf an „Qualitätsverantwortlichen“, die eine steigende Zahl von externen Audits betreuen und organisieren müssen.

Wie Qualität im Unternehmen verankern?

Diese Frage stellt sich Thomas Muckenheim von der Stabsstelle Qualitätsmanagement vom Forschungszentrum Jülich. Auch in seinem Workshop „Die Rolle des Qualitätsmanagers zwischen allen Stühlen“ wurde das Thema angesprochen: Wird womöglich der neue prozessorientierte und risikobasierte Ansatz für die Verankerung von „Qualität“ einen QMB überflüssig machen? Wie müsste eine „neue“ Qualitätsfunktion agieren, um ihr Dasein zu behaupten? Wie kommunizieren und motivieren? „Vielleicht müssen wir unsere Rolle anders verstehen“, so Muckenheim.

Umwege erhöhen die Ortskenntnis

Co-Referent im Workshop Karl Höppner-Zierow von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin hatte bereits im Abschnitt „Führung ohne Vorgesetztenfunktion“ erläutert, dass es (bei Veränderungen) immer wieder zu Widerstand kommen kann.

Umwege erhöhen die Ortskenntnis

„Mit dem Widerstand gehen, nicht gegen ihn gehen: Immer das Gespräch suchen und neue Vorgehen festlegen“, hatte der Diplom-Psychologe empfohlen. Auch wenn nicht immer alles gleich perfekt sei: „Umwege erhöhen die Ortskenntnis“, zitierte Höppner-Zierow ein altes Sprichwort und ein gern genommenes „Change Zitat“.

Das Berufsbild wird sich ändern

Kai Uwe Behrends von der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) erläuterte in seinem Vortrag „QM-Perspektiven“, dass das Qualitätsmanagement ganzheitlicher und unternehmerischer würde.

Den QM wird man auch brauchen, wenn er in der Norm nicht mehr drin steht. Papier und Telefon, benutzt auch jeder, obwohl die Norm es nicht fordert!

Dabei werde sich das Berufsbild von QM-Verantwortlichen vermutlich ändern. Gelassen meinte Behrends jedoch: „Den QM wird man auch brauchen, wenn er in der Norm nicht mehr drin steht. Papier und Telefon, benutzt auch jeder, obwohl die Norm es nicht fordert!“.

Risikobasierter Ansatz, Prozessorientierung und „interessierte Parteien“

In den weiteren Diskussionen über einzelne Inhalte der kommenden ISO 9001:2015 wurde deutlich, dass auch der zukünftige risikobasierte Ansatz und die Prozessorientierung neue Fragen und Herausforderungen hinsichtlich des Fehlermanagements sowie der Planung und Realisierung von Kompetenzen aufwerfen. Auch das Thema Kundenzufriedenheit bzw. Zufriedenheit von interessierten Parteien, wie es weitergefasst in der 2015-er Version heißen soll, wird QM-Verantwortliche vor neue Herausforderungen stellen.

QM mitgestalten statt verwalten

„Es bleibt abzuwarten, was die Normrevisionen wirklich bringen und es wird spannend werden, welche Konsequenzen es in der Praxis haben wird, wenn die Notwendigkeit der Benennung eines QM entfällt. Auch wenn sich das Berufsbild ändern sollte, die Kommunikationsmittel bleiben die gleichen. ‚QM mitgestalten statt verwalten‘ wäre ein schönes Arbeitsmotiv“, stellte Roman Klinkner zum Ende des Forums fest.

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