Mind the Reputation Gap

Die erstmals in Österreich durchgeführte „Reputation Gap“-Studie für die Branchen Banken, Mobilfunkanbieter und E-Commerce brachte ernüchternde Ergebnisse. In allen drei Branchen ist der Unterschied zwischen den Erwartungen der Kunden und der tatsächlichen Performance der Anbieter am heimischen Markt enorm.

V.l.n.r.: Herbert Kling, Geschäftsführer meinungsraum.at, Jürgen H. Gangoly, Geschäftsführer The Skills Group und Christina Matzka, Studienleiterin meinungsraum.at © Foto: The Skills Group/APA-Fotoservice/Preiss

V.l.n.r.: Herbert Kling, Geschäftsführer meinungsraum.at, Jürgen H. Gangoly, Geschäftsführer The Skills Group und Christina Matzka, Studienleiterin meinungsraum.at © Foto: The Skills Group/APA-Fotoservice/Preiss

Die Studie untersuchte in drei großen Kernbereichen — Management, Kundennutzen und soziale Verantwortung — die Differenz, das sogenannte „Reputation Gap“, zwischen Kundenerwartung und tatsächlicher Erfahrung der Kunden mit dem Unternehmen oder der Branche.

Im Kernbereich Management bewerteten die Befragten (1.000 je Branche, 3.000 gesamt) die Faktoren „konsistenter Geschäftserfolg“, „glaubwürdige Kommunikation“ und „wirtschaftlich richtiges und ethisch korrektes Handeln“. Beim Kundennutzen wurden „Gutes Preis-Leistungsverhältnis“, „Wahrnehmung von Kundenbedürfnissen“ und „Innovation“ der Unternehmen analysiert. Unter den Bereich soziale Verantwortung fallen die Indikatoren „Wahrnehmung von Mitarbeiter-Bedürfnissen“, „Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung“ sowie „Umweltfreundlichkeit“.

Heimische Banken haben schlechte Reputation

Von den drei untersuchten Branchen schneiden die österreichischen Banken am schlechtesten ab: Sie haben in allen Bereichen sowohl die schlechteste Reputation als auch die geringste Erwartungserfüllung. Die „Wahrnehmung der Kundenbedürfnisse“ weist ein Reputation Gap von minus 55 Prozent auf, das „gute Preis-Leistungsverhältnis“ wird mit einem Reputation Gap von minus 51 Prozent fast ebenso schlecht bewertet. Im Schatten der Bankenkrise zeigt sich hier der massive Reputations- und Glaubwürdigkeitsverlust. Die stark ausgeprägten Reputations-Mängel der gesamten Branche unterstreichen den akuten Handlungsbedarf im Bankenbereich.

Dass der Ruf einer Bank stark mit der persönlichen Betreuung zusammenhängt, zeigt das Ergebnis im Bezug auf die Hausbank der Befragten. Dort fallen die Beurteilungen der Kunden besser aus als das allgemeine Branchenergebnis. Die Erste Bank schafft es im Umfeld des niedrigen Branchenniveaus, bei allen Reputationsfaktoren als beste Bank Österreichs abzuschneiden. Besonders bei der Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen (Reputation Gap minus 1Prozent), der Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung (Reputation Gap minus 5 Prozent) und bei glaubwürdiger Kommunikation (Reputation Gap minus 8 Prozent) erfüllt der Finanzdienstleister die Kundenerwartungen fast vollständig. Allerdings besteht auch beim Branchenbesten ein hoher Handlungsbedarf bei der Wahrnehmung der Kundenbedürfnisse (Reputation Gap minu 36 Prozent) und beim Preis-Leistungsverhältnis (Reputation Gap minus 40 Prozent).

Mobilfunkanbieter setzen Prioritäten auf technische Innovationen, Kunden wollen Service und niedrige Preise

Auch die heimischen Mobilfunkanbieter schneiden bei der Studie in den Bereichen „Wahrnehmung von Kundenbedürfnissen“ (Reputation Gap minus 47 Prozent) und „Gutes Preis-Leistungsverhältnis“ (minus 43 Prozent) schlecht ab. Hier werden von den Befragten vor allem Tariferhöhungen und allgemeine Unzufriedenheit mit der Kundenbetreuung als Gründe für negative Bewertungen genannt. Befragt nach dem eigenen Mobilfunkanbieter können die österreichischen Unternehmen im Bereich „Innovation“ die Kundenerwartungen annähernd decken, bei der Bewertung der geschäftlichen Erfolge diese sogar übererfüllen. Allerdings lagen hier die Kundenerwartungen auch nicht allzu hoch. Dies zeigt, dass die Kommunikationsprioritäten in dieser Branche falsch gesetzt werden: Für eine Steigerung der Reputation und Glaubwürdigkeit müssten diese in die Bereiche mit den höchsten Reputation Gaps umverteilt werden.

Branchenintern lässt sich kein eindeutiger Sieger feststellen. Lediglich im Bereich „konsistenter Geschäftserfolg“ schafft es der Anbieter A1, die Kundenerwartungen knapp zu übertreffen (plus 2 Prozent). tele.ring punktet — aber ebenfalls auf niedrigem Niveau — mit den besten Kundenbewertungen in den Bereichen „Wahrnehmung von Kundenbedürfnissen“ (minus 39 Prozent), „Gutes Preis-Leistungsverhältnis“ (minus 32 Prozent), „richtiges Handeln“ (minus 20 Prozent) und „Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung“ (minus 6 Prozent). T-Mobile schafft es, bei den Befragten in den Bereichen „Innovation“ (minus 6 Prozent), „Glaubwürdige Kommunikation“ (minus 10Prozent) und „Wahrnehmung von Mitarbeiterbedürfnissen“ (minus 20 Prozent) sowie „Umweltfreundlichkeit“ (minus 15 Prozent) am besten abzuschneiden. Die Ergebnisse zeigen aber, dass es trotzdem noch einiger Maßnahmen bedarf, um die Kundenerwartungen zu erfüllen.

Online-Shops schneiden am besten ab, Tchibo punktet bei Kunden

Obwohl die jüngste der befragten Branchen, erfüllen die Online-Shops die Erwartungen der Kunden am ehesten. Die Kluft zwischen Kundenerwartung und Kundenbewertung ist hier in allen Bereichen geringer als in den anderen analysierten Branchen. Mit einem Reputation Gap von minus 32 Prozent bei der „Wahrnehmung von Kundenbedürfnissen“ bemängeln die Befragten hier am häufigsten, dass Probleme bei der Bestellung und Lieferung nicht ernst genommen und zu langsam gelöst werden. Auch der Punkt „Gutes Preis-Leistungsverhältnis“ weist mit einem Gap von minus 26 Prozent noch deutlichen Handlungsbedarf auf. Wenig überraschend im Zuge der aktuellen Berichterstattung über Arbeitsbedingungen bei Online-Versandhäusern: Die Reputations-Faktoren „handelt korrekt und ethisch richtig“ und „Wahrnehmung von Mitarbeiterbedürfnissen“ werden schlecht bewertet und zeigen die größte Kluft zwischen Idealbild und Kundenwahrnehmung bei Online-Shops auf.

Branchenprimus der analysierten Online-Shops ist Eduscho/Tchibo: Der Versandhändler schneidet gleich bei fast allen überprüften Reputations-Faktoren im Vergleich zu den Mitbewerbern am besten ab. Die Kunden messen der Kommunikation und Werbung eine hohe Glaubwürdigkeit bei, schätzen den Geschäftserfolg als sehr stabil ein und bescheinigen dem Unternehmen eine hohe Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung, indem es sich auch um Bereiche kümmere, die nicht direkt mit dem Geschäftszweck zusammenhängen. Eduscho/Tchibo übertrifft in diesen Bereichen sogar die Kundenerwartung. Im Bereich „Gutes Preis-Leitungsverhältnis“ schafft es Amazon zu punkten: Zwar erfüllt die Online-Handelsplattform nicht ganz die Kundenerwartungen (Reputation Gap minus 14 Prozent), aber die Kunden attestieren ihr im Vergleich zu den Mitbewerbern die besten Angebote.

Österreichische Kunden vermissen Service und Kundenorientierung

Die erste österreichische „Reputation Gap“-Studie belegt, dass in den untersuchten Branchen – Banken, Mobilfunkanbieter und Online-Shops -die tatsächlichen Kundenerfahrungen deutlich unter den Erwartungen der Bevölkerung liegen. Den geringsten Handlungsbedarf erfordern die Bereiche „Umweltfreundlichkeit“ und „Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung“, der größte Handlungsbedarf besteht beim Kundenservice und in der Verbesserung des Preis-Leistungsverhältnisses. Im internationalen Vergleich der Befragten zeigt sich aber auch, dass die Österreicher die bisher anspruchsvollsten, kritischsten und unzufriedensten Studienteilnehmer aus acht Ländern in Amerika, Europa und Asien waren.

„Reputation Gap“-Analyse hilft, Kundenerwartungen zu erreichen

Die vom internationalen Agenturnetzwerk FleishmanHillard entwickelten „Reputation Gap“-Messungen werden von der Kommunikationsagentur The Skills Group in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut meinungsraum.at ab sofort österreichweit für alle Unternehmen und Branchen angeboten. Dabei steht das Analyse-Tool Managern sowie Marketing- und PR-Verantwortlichen entweder direkt zur Verfügung oder wird PR-Agenturen und anderen Beratungsunternehmen angeboten. Eine Analyse pro Unternehmen ist ab 5.000 Euro, pro Branche ab zirka 15.000 Euro zu haben. Die Umsetzung einer Umfrage ist innerhalb von drei Wochen möglich.

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