Österreichische Projektmanager weniger Burnout-gefährdet als ihre deutschen Kollegen

Wie aus einer aktuellen Studie des Centrums für Disease Management der TU München für die D-A-CH-Region hervorgeht, sind österreichische Projektmanager wesentlich weniger Burnout-gefährdet sind als ihre deutschen Kollegen.

Tatjana Reichhart (links), Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München, mit Brigitte Schaden, Vorstandsvorsitzende Projekt Management Austria © Foto: pma

Tatjana Reichhart (links), Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München, mit Brigitte Schaden, Vorstandsvorsitzende Projekt Management Austria © Foto: pma

Das Centrum für Disease Management an der Technischen Universität München untersuchte im Auftrag des Deutschen Projektmanagement-Verbandes (gpm) und mit Unterstützung der österreichischen Projektmanagement-Vereinigung pma die Burnout-Gefährdung von Projektmanagerinnen und Projektmanagern in der D-A-CH-Region. Insbesondere zwei Fragen standen dabei im Mittelpunkt, nämlich: Wie hoch ist die Gefahr wirklich? Und bei welchen Faktoren ist (es sinnvoll präventiv anzusetzen) für die Prävention am sinnvollsten anzusetzen? Fast 1.000 ProjektmanagerInnen – Großteils aus Deutschland und Österreich – nahmen an der online-Studie teil. Studienleiterin Tatjana Reichhart, Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München, präsentierte die Ergebnisse im Rahmen der Projekt Management Austria Veranstaltung pma quarterly in Wien und verglich die sie dabei auch mit anderen Burnout-Studien.

Dabei zeigt sich: Burnout-Symptome treten bei den befragten Projektmanagerinnen und -managern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz deutlich häufiger auf als bei Mitarbeitern in anderen Berufen. 35 Prozent der Befragten haben den Cut-off Score für Burnout erreicht (Studien aus anderen Berufen zeigen Erschöpfungs- und Burnout-Raten von 17 bis 34 Prozent).

40 Prozent fühlen sich von ihrer Arbeit ausgebrannt, über 50 Prozent sind mindestens einmal im Monat ausgelaugt von ihrer Arbeit. „Die Untersuchungsergebnisse zeigen jedoch auch, dass es nicht nur die beruflichen Anforderungen und die äußeren Risikofaktoren sind, die überfordern. Vielmehr sind es häufig auch die zu hohen Erwartungen und zu hohe Leistungsansprüche an sich selbst, die auf Dauer krank machen können“, erläuterte Reichhart. So stimmten  90 Prozent der Studienteilnehmer der Aussage zu  „ich bin erst dann mit mir zufrieden, wenn ich mein Bestes gegeben habe“.

Ländervergleich: Österreicher nehmen es lockerer und haben mehr Handlungsspielraum

Im Ländervergleich wird allerdings deutlich, dass österreichische Projektmanagerinnen und -manager wesentlich weniger Burnout-gefährdet sind als ihre deutschen Kollegen. Ein Vergleich mit den Eidgenossen war hier aufgrund der geringen Teilnehmeranzahl aus der Schweiz nicht möglich.

Wie lässt sich der Deutsch-Österreichische Unterschied erklären? In der Studie wird dies wie folgt beschrieben: Zum einen zeigte sich, dass die Ausprägung der Burnout-risikoreichen „inneren Faktoren“ (Persönlichkeitseigenschaften) bei den Österreichern im Vergleich zu den Deutschen insgesamt weniger stark ausgeprägt waren. So stellten beispielsweise signifikant mehr Deutsche als Österreicher höchste Anforderungen an sich (83,5 versus 74,2 Prozent), signifikant mehr Deutsche als Österreicher gaben Schwierigkeiten an, von der Arbeit abschalten zu können (59,2 zu 54,4 Prozent), bei signifikant mehr Deutschen stand die Arbeit im Leben an erster Stelle (41,2 versus 30,7 Prozent) und signifikant mehr Deutsche als Österreicher tendierten dazu, die Dinge schwer zu nehmen (49,5 versus 40,3 Prozent).

Zusätzlich stellten sich Unterschiede in den äußeren Bedingungen dar. So hatten signifikant mehr Österreicher als Deutsche Führungsverantwortung (80,3 versus 70,3 Prozent; bei einer Gesamtzahl von 912 deutschen und österreichischen Teilnehmer). Und die Österreicher hatten signifikant öfter Handlungsspielräume, was wiederum mit einer geringeren Burnout-Gefährdung einhergeht. An die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gingen signifikant weniger Österreicher als Deutsche (28,9 versus 35,8 Prozent). Zusätzlich gaben die österreichischen Teilnehmer häufiger an, dass sie aktuell keine Belastungen (11 versus 5 Prozent) haben, beziehungsweise die Belastungen vor allem im Privaten liegen. Und private Belastungen waren mit einem niedrigeren Burnout-Risiko assoziiert.

Ständige Erreichbarkeit stresst weniger als gedacht

Einen Mythos scheint die Studie auch aufgedeckt zu haben: Die ständige Erreichbarkeit wird von Projektmanagern nicht als massive Belastung und Burnout-Risikofaktor empfunden. Lediglich 21 Prozent der Befragten gaben an, häufig in der Freizeit kontaktiert zu werden. Und nur 57 Prozent fühlen sich davon belastet. Zum Vergleich: Von zu geringer Wertschätzung fühlen sich 90 Prozent belastet, von zu hoher Arbeitsbelastung 89 Prozent, vom fehlenden Sinn ihrer Arbeit 85 Prozent und von der Informationsflut/Multitasking-Anforderungen 57 Prozent.

Prävention betrifft Organisationen und Individuum

Um Burnout zu vermeiden sind laut Reichhart sowohl Veränderungen auf der Organisationsebene (Verhältnisprävention) als auch auf der individuellen Ebene (Verhaltensprävention) notwendig. Neben der Sensibilisierung und Schulung von Entscheidungs- und Führungskräften seien häufig auch strukturelle und kulturelle Veränderungen in Unternehmen und Organisationen notwendig. Die Projektmanager und -managerinnen selbst sind aber auch gefordert. Reichharts Empfehlungen: „Regelmäßige Pausen einhalten, Entspannungstechniken lernen, innere Antreiber anpassen, auf Schlafhygiene achten, soziale Kontakte pflegen und Sport beziehungsweise Bewegung in den Alltag einbauen.“

Die gesamte Studie über die Burnout-Gefährdung von Projektmagerinnen und Projektmanagern sowie die Folien des Vortrages von Dr. Tatjana Reichhart stehen auf der Website von Projekt Management Austria zum Download bereit.

© Beitragsbild: pathdoc – Fotolia.com

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