Die Stimmung in der österreichischen Start-up-Szene hat sich binnen Monaten gedreht. Expert:innen sprechen mittlerweile offen von einem tiefen Problem. Was früher rhetorische Alarmrufe waren, klingt heute wie ein realistisches Szenario: Es fehlt an Kapital, an Nachschub an Gründer:innen und an der Aussicht, international mithalten zu können.
Alarm in Zahlen: Welche Kennzahlen besonders beunruhigen
Die Indikatoren zeigen keine kurzfristige Delle, sondern eine ernsthafte Schwächung des Ökosystems.
- Spin-off-Defizit: Österreichische Hochschulen bringen deutlich weniger Ausgründungen hervor als Spitzen-Unis in Europa.
- Wachsende Pleiten: Insolvenzen bei Startups nehmen zu, viele finden keine Anschlussfinanzierung mehr.
- Finanzierungsbruch: Investmentvolumen fiel im ersten Halbjahr um rund 64 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
- Geringes Ansehen von Unternehmer:innen: Zwei Drittel der jungen Bevölkerung sehen Gründer:innen nicht als gesellschaftlichen Gewinn.
- Schwacher Gründungswille: Österreich liegt fast am Ende der europäischen Liste beim Vorsatz, ein Unternehmen zu starten.
- Zuwenig Early-Stage-Firmen: Die Anzahl junger Unternehmen (TEA) reicht nicht, um wegfallende Firmen zu ersetzen.
Warum die Pipeline versiegt: Ursachen und Mechanik des Rückgangs
Mehrere Faktoren greifen zusammen und verstärken sich gegenseitig. Dadurch entsteht eine Abwärtsdynamik.
Kapitalmangel bremst Wachstum
Viele Scale-ups kommen nicht über die benötigten Finanzierungsrunden hinaus. Ohne Kapital bleibt Wachstum aus. Internationale Konkurrenz zieht an ihnen vorbei.
Psychologie und Wahrnehmung
Wenn Gründer:innen und junge Talente kein positives Image sehen, sinkt die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen. Das reduziert die Zahl an Gründungen.
Netzwerke und Ecosystem fehlen
Erfolgreiche Gründungsökosysteme brauchen eine kritische Masse an Startups, Investoren und Forschungstransfers. Diese kritische Masse fehlt vielerorts in Österreich.
Vergleich mit Nachbarländern: Warum andere schneller wieder anlaufen
Regionale Märkte wie Deutschland, die Schweiz oder skandinavische Städte erleben wieder Aufwind.
- Stärkere Kapitalzuflüsse
- Besser ausgebaute Mentoren- und Investorennetzwerke
- Höhere Zahl an Universitäts-Spin-offs
Österreich fehlt es nicht an Forschungsergebnissen, wohl aber an der Übersetzung dieser Ergebnisse in skalierbare Unternehmen.
Lösungsansätze: Was die Stiftung und andere Maßnahmen leisten können
Neue Initiativen haben begonnen, Aufmerksamkeit und Mittel zu bündeln. Das ist wichtig, reicht aber nicht allein.
Die Rolle der Stiftung Unternehmerische Zukunft
Die neu gestartete Stiftung um Markus Raunig bringt Startkapital und Sichtbarkeit. Sie ist ein Schritt, aber kein Allheilmittel.
Mehrere Stellschrauben müssen parallel gedreht werden
- Langfristige, skalierfähige Finanzierungsinstrumente
- Programme zur Förderung von Spin-offs an Hochschulen
- Bildung und Imagearbeit für Unternehmer:innen
- Anreize, damit Gründer:innen in Österreich bleiben
Ein einzelner Dachfonds kann kurzfristig helfen. Nachhaltig wirkt nur ein Bündel aus Kapital, Politik, Bildung und Kulturwandel.
Die harte Frage: Wollen wir das überhaupt wirklich?
All die Maßnahmen setzen voraus, dass Politik und Gesellschaft den Willen zeigen. Ohne ehrgeizige Prioritätensetzung droht ein Brain-Drain.
Gründer:innen haben attraktive Alternativen in Städten wie Stockholm, London, München oder Zürich. Wenn Österreich nicht aufholt, werden Talente abwandern.
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Leonie Maier ist Tech-Journalistin mit Schwerpunkt auf Künstlicher Intelligenz und Cybersecurity. Mit präzisen Erklärungen zeigt sie Ihnen, wie Sie smarte Geräte und Sicherheitslösungen im Alltag optimal nutzen.